Kolumnist Arnold Vaatz (CDU) über die Regelwut der EU, die jetzt das Meissener Porzellan bedroht

 

Bald wird man es wieder krachen hören: In Brüssel wird gerade eine Kanone geladen. Weil ein gefährlicher Spatz Europa bedroht. Die Kanone hat die Fabriknummer RL 84/500/EWG und heißt im EU- Volksmund „Keramikrichtlinie“. Sie regelt, wie viel Blei und Kadmium Keramikoberflächen an Lebensmittel abgeben dürfen.

Die bisher geltenden Grenzwerte wollen die Brüsseler Kanoniere nun auf ein Vierhundertstel bei Blei und auf ein Sechzigstel bei Kadmium senken. Dann wären wir an dem Punkt, dass z. B. Muscheln oder Blattsalate (die zum Verzehr bestimmt sind) mehr Blei oder Kadmium enthalten dürfen als der Teller, auf dem sie liegen (der nicht zum Verzehr bestimmt ist).

Der gefährliche Spatz, auf den die Brüsseler Kanone zielt, ist ein buntes Vögelchen. Es ziert als Aufglasmalerei die Böden von Tellern aus Meissener Porzellan. Wird die Brüsseler Kanone abgefeuert, dann zersplittern diese schönen Markenzeichen unseres Landes, unseres Überlebenswillens und unserer Geschichte in tausend Stücke. Es dürfte uns da lange Zeit einiges entgangen sein; denn offenbar muss der Genuss von Suppen aus solchen Tellern wahre Massenvergiftungen ausgelöst, infolge der Gleichartigkeit der Tellerdecors in Services für bis zu zwölf Personen gar ganze Familien ausgelöscht haben. Der Sensenmann aus Meißen muss umgegangen sein in Europa. Und keiner hat ihn bemerkt! Warum?

Weil es ihn nicht gibt. Weil verantwortungslose Alarmisten mit lebensfremden Szenarien wieder einmal auf Beamte und Politiker mit eingeschränkter Urteilsfähigkeit getroffen sind. Wie das schon unzählige Male geschah: mit grundlosen Hysterien gegen Holzkohlegrill, Waldpilze, Rindfleisch, Eier, die Wochen später vergessen sind, weil sie gegenstandslos waren. Diesmal droht angeblich Gefahr, wenn man sich 52 Wochen im Jahr von sauren Gurken ernährt, die in Essigessenz eingelegt und vor dem Genuss monatelang in Schüsseln aus bemaltem Meissener Porzellan aufbewahrt wurden. Gesetzgeber, die von derart hypothetischen Lebenspraktiken ausgehen, haben jedes Maß verloren.

Nach dem Aufschrei über die Manöver der Brüsseler Kanoniere von der Europäischen Union wollen diese offenbar die Meissener Porzellanmaler in Sachsen nun doch weitermalen lassen. Aber unter der Bedingung, dass die fertigen Teller dann mit der wenig verkaufsfördernden Aufschrift: „Vorsicht, möglicherweise giftig!“ versehen werden. Womit das Meissener Porzellan, ein identitätsstiftendes, historisch tief verwurzeltes europäisches Kulturgut, in Scherben läge.

Aber Maßlosigkeit und Realitätsverlust sind Eigenschaften der Verwalter Europas, die man sich nicht ewig bieten lassen wird. Sollten sich die Bürger eines Tages von Europa abwenden, dann läge nicht nur das Meißener Porzellan in Scherben, sondern das großartige europäische Projekt selbst.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung notwendiger Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um Ihnen das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn Sie diese Website ohne Änderung Ihrer Cookie-Einstellungen verwenden oder auf "Akzeptieren" klicken, erklären Sie sich damit einverstanden.

Schließen